Europäische
Charta der Regional- oder Minderheitensprachen
Straßburg/Strasbourg,
5.XI. 1992
Diese
Charta wurde durch die Bundesregierung 1998
ratifiziert und trat am 1. Januar 1999 in Kraft
Nichtamtliche
Übersetzung des Plattdüütskbüros der
Ostfriesischen Landschaft
Präambel
Die
Mitgliedstaaten des Europarats, die diese Charta
unterzeichnen,
in
der Erwägung, dass es das Ziel des Europarats ist,
eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern
herbeizuführen, um insbesondere die Ideale und Grundsätze,
die ihr gemeinsames Erbe bilden, zu wahren und zu fördern;
in
der Erwägung, dass der Schutz der geschichtlich
gewachsenen Regional- oder Minderheitensprachen
Europas, von denen einige allmählich zu verschwinden
drohen, zur Erhaltung und Entwicklung der Traditionen
und des kulturellen Reichtums Europas beiträgt;
in
der Erwägung, dass das Recht, im privaten Bereich und
im öffentlichen Leben eine Regional- oder
Minderheitensprache zu gebrauchen, ein unveräußerliches
Recht in Übereinstimmung mit den im Internationalen
Pakt der Vereinten Nationen über bürgerliche und
politische Rechte enthaltenen Grundsätzen darstellt
und dem Geist der Konvention des Europarats zum
Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
entspricht;
eingedenk
der im Rahmen der KSZE geleisteten Arbeit und
insbesondere der Schlussakte von Helsinki von 1975 und
des Dokuments des Kopenhagener Treffens von 1990;
unter
Betonung des Wertes der interkulturellen Beziehungen
und der Mehrsprachigkeit sowie in der Erwägung, dass der Schutz und die Förderung der Regional- oder
Minderheitensprachen sich nicht nachteilig auf die
Amtssprachen und die Notwendigkeit, sie zu erlernen,
auswirken sollte;
in
dem Bewusstsein, dass der Schutz und die Stärkung der
Regional- oder Minderheitensprachen in den
verschiedenen Ländern und Regionen Europas einen
wichtigen Beitrag zum Aufbau eines Europas darstellen,
das auf den Grundsätzen der Demokratie und der
kulturellen Vielfalt im Rahmen der nationalen Souveränität
und der territorialen Unversehrtheit beruht;
unter
Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse und der
geschichtlich gewachsenen Traditionen in den
verschiedenen Regionen der Staaten Europas,
sind
wie folgt übereingekommen:
Teil I - Allgemeine
Bestimmungen
Artikel 1 - Begriffsbestimmungen
Im
Sinne dieser Charta:
a. bezeichnet der Ausdruck "Regional- oder Minderheiten-Sprachen" Sprachen,
i.
die herkömmlicherweise in einem bestimmten Gebiet
eines Staates von Angehörigen dieses Staates
gebraucht werden, die eine Gruppe bilden, deren Zahl
kleiner ist als die der übrigen Bevölkerung des
Staates, und
ii.
die sich von der (den) Amtssprache(n) dieses Staates unterscheiden;
iii.
er umfasst weder Dialekte der Amtssprache(n) des
Staates noch die Sprachen von Zuwanderern;
b.
bezeichnet der Ausdruck "Gebiet in dem die
Regional- oder Minderheitensprache gebraucht
wird", das geographische Gebiet, in dem die
betreffende Sprache das Ausdrucksmittel einer Zahl von
Menschen ist, welche die Übernahme der in dieser
Charta vorgesehenen verschiedenen Schutz- und Förderungsmaßnahmen
rechtfertigt;
c.
bezeichnet der Ausdruck "nicht territorial
gebundene Sprachen" von Angehörigen des Staates
gebrauchte Sprachen, die sich von der (den) von der übrigen
Bevölkerung des Staates gebrauchten Sprache(n)
unterscheiden, jedoch keinem bestimmten Gebiet
innerhalb des betreffenden Staates zugeordnet werden können,
obwohl sie herkömmlicherweise im Hoheitsgebiet dieses
Staates gebraucht werden.
Artikel 2 - Verpflichtungen
1.
Jede Vertragspartei verpflichtet sich, Teil II auf
alle in ihrem Hoheitsgebiet gebrauchten Regional- oder
Minderheitensprachen anzuwenden, die der
Begriffsbestimmung in Artikel 1 entsprechen.
2.
In Bezug auf jede nach Artikel 3 im Zeitpunkt der
Ratifikation, Annahme oder Genehmigung bezeichnete
Sprache verpflichtet sich jede Vertragspartei,
mindestens fünfunddreißig aus Teil III ausgewählte
Absätze oder Buchstaben anzuwenden, darunter
mindestens je drei aus den Artikeln 8 und 12 und je
einen aus den Artikeln 9, 10, 11 und 13.
Artikel 3 - Einzelheiten
der Durchführung
1.
Jeder Vertragsstaat bezeichnet in seiner
Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde jede
Regional- oder Minderheitensprache oder in seinem
gesamten Hoheitsgebiet oder einem Teil desselben
weniger verbreitete Amtssprache, auf welche die nach
Artikel 2 Absatz 2 ausgewählten Bestimmungen
angewendet werden.
2.
Jede Vertragspartei kann jederzeit danach dem General-Sekretär
notifizieren, dass sie die
Verpflichtungen übernimmt, die sich aus anderen
Bestimmungen der Charta ergeben, die sie nicht bereits
in ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde
bezeichnet hat, oder dass sie
Absatz 1 auf andere Regional- oder
Minderheitensprachen oder in ihrem gesamten
Hoheitsgebiet oder einem Teil desselben weniger
verbreitete andere Amtssprachen anwenden wird.
3.
Die nach Absatz 2 eingegangenen Verpflichtungen gelten
als untrennbarer Teil der Ratifikation, Annahme oder
Genehmigung und haben vom Tag ihrer Notifikation an
dieselbe Wirkung.
Artikel 4 - Bestehende
Schutzregelungen
1.
Die Bestimmungen dieser Charta sind nicht als Beschränkung
oder Beeinträchtigung von Rechten auszulegen, die
durch die Europäische Menschen Menschenrechtskonvention
gewährleistet
sind.
2.
Diese Charta lässt in einer Vertragspartei bereits
bestehende oder in einschlägigen zwei- oder
mehrseitigen Übereinkünften vorgesehene günstigere
Bestimmungen über den Status der Regional- oder
Minderheitensprachen oder die Rechtsstellung der
Personen, die Minderheiten angehören, unberührt.
Artikel 5 - Bestehende
Verpflichtungen
Die
Bestimmungen dieser Charta sind nicht so auszulegen,
als gewährten sie das Recht, irgendeine Tätigkeit
auszuüben oder irgendeine Handlung vorzunehmen, die
gegen die Ziele der Charta der Vereinten Nationen oder
sonstige völkerrechtliche Verpflichtungen einschließlich
des Grundsatzes der Souveränität und territorialen
Unversehrtheit der Staaten verstößt.
Artikel 6 - Information
Die
Vertragsparteien verpflichten sich, dafür zu sorgen, dass
die betroffenen Behörden, Organisationen und
Personen über die in dieser Charta festgelegten
Rechte und Pflichten informiert werden.
Teil II - Ziele
und Grundsätze in Übereinstimmung mit Artikel 2
Absatz 1
Artikel 7 - Ziele
und Grundsätze
1.
Hinsichtlich der Regional- oder Minderheitensprachen
legen die Vertragsparteien in den Gebieten, in denen
solche Sprachen gebraucht werden, unter Berücksichtigung
der Situation jeder Sprache ihrer Politik,
Gesetzgebung und Praxis folgende Ziele und Grundsätze
zugrunde:
a.
die Anerkennung der Regional- oder
Minderheitensprachen als Ausdruck des kulturellen
Reichtums;
b.
die Achtung des geographischen Gebiets jeder Regional-
oder Minderheitensprache, um sicherzustellen, dass bestehende oder neue Verwaltungsgliederungen die Förderung
der betreffenden Regional- oder Minderheitensprache
nicht behindern;
c.
die Notwendigkeit entschlossenen Vorgehens zur Förderung
von Regional- oder Minderheitensprachen, um diese zu
schützen;
d. die Erleichterung des Gebrauchs von Regional- oder
Minderheitensprachen in Wort und Schrift im öffentlichen
Leben und im privaten Bereich und/oder die Ermutigung
zu einem solchen Gebrauch;
e.
die Erhaltung und Entwicklung von Verbindungen in den
von dieser Charta erfassten Bereichen zwischen
Gruppen, die eine Regional- oder Minderheitensprache
gebrauchen, und anderen Gruppen in diesem Staat mit
einer in derselben oder ähnlicher Form gebrauchten
Sprache sowie das Herstellen kultureller Beziehungen
zu anderen Gruppen in dem Staat, die andere Sprachen
gebrauchen;
f.
die Bereitstellung geeigneter Formen und Mittel für
das Lehren und Lernen von Regional- oder
Minderheitensprachen auf allen
geeigneten Stufen;
g.
die Bereitstellung von Einrichtungen, die es Personen,
die eine Regional- oder Minderheitensprache nicht
sprechen, aber in dem Gebiet leben, in dem sie
gebraucht wird, ermöglichen, sie zu erlernen, wenn
sie dies wünschen;
h.
die Förderung des Studiums und der Forschung im
Bereich der Regional- oder Minderheitensprachen an
Universitäten oder in gleichwertigen Einrichtungen;
i.
die Förderung geeigneter Formen des grenzüberschreitenden
Austausches in den von dieser Charta erfassten Bereichen für
Regional- oder Minderheitensprachen, die in zwei oder
mehr
Staaten in derselben oder ähnlicher Form gebraucht
werden.
2.
Die Vertragsparteien verpflichten sich, sofern dies
noch nicht geschehen ist, jede ungerechtfertigte
Unterscheidung, Ausschließung, Einschränkung oder
Bevorzugung zu beseitigen, die den Gebrauch einer
Regional- oder Minderheitensprache betrifft und darauf
ausgerichtet ist, die Erhaltung oder Entwicklung einer
Regional- oder Minderheitensprache zu beeinträchtigen
oder zu gefährden. Das Ergreifen besonderer Maßnahmen
zugunsten der Regional- oder Minderheitensprachen,
welche die Gleichstellung zwischen den Sprechern
dieser Sprachen und der übrigen Bevölkerung fördern
sollen oder welche ihre besondere Lage gebührend berücksichtigen,
gilt nicht als diskriminierende Handlung gegenüber
den Sprechern weiter verbreiteter Sprachen.
3.
Die Vertragsparteien verpflichten sich, durch
geeignete Maßnahmen das gegenseitige Verständnis
zwischen allen Sprachgruppen des Landes zu fördern,
indem sie insbesondere Achtung, Verständnis und
Toleranz gegenüber den Regional- oder Minderheitensprachen
in die Ziele der in ihren Ländern
vermittelten Bildung und Ausbildung einbeziehen und
indem sie die Massenmedian ermutigen, dasselbe Ziel
zu verfolgen.
4.
Bei der Festlegung ihrer Politik in bezug auf
Regional- oder
Minderheitensprachen berücksichtigen die
Vertragsparteien die von den Gruppen, die solche
Sprachen gebrauchen, geäußerten Bedürfnisse und Wünsche.
Sie werden ermutigt, erforderlichenfalls Gremien zur
Beratung der Behörden in allen Angelegenheiten der
Regional- oder Minderheitensprachen einzusetzen.
5.
Die Vertragsparteien verpflichten sich, die in den Absätzen
1 bis 4 genannten Grundsätze sinngemäß auf nicht
territorial gebundene Sprachen anzuwenden. Jedoch
werden hinsichtlich dieser Sprachen Art und Umfang der
Maßnahmen, die getroffen werden, um dieser Charta
Wirksamkeit zu verleihen, flexibel festgelegt, wobei
die Bedürfnisse und Wünsche der Gruppen, die diese
Sprachen gebrauchen, berücksichtigt und ihre
Traditionen und Eigenarten geachtet werden.
Teil III - Maßnahmen
zur Förderung des Gebrauchs von Regional- oder
Minderheitensprachen im öffentlichen Leben im
Einklang mit den nach Artikel 2 Absatz 2 eingegangenen
Verpflichtungen
Artikel 8 - Bildung
1.
Im Bereich der Bildung verpflichten sich die
Vertragsparteien, in dem Gebiet, in dem solche
Sprachen gebraucht werden, unter Berücksichtigung der
Situation jeder dieser Sprachen und unbeschadet des
Unterrichts der Amtssprache(n) des Staates:
a.
i. die vorschulische Erziehung in den
betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen
anzubieten oder
ii. einen erheblichen Teil der
vorschulischen Erziehung in den betreffenden Regional-
oder Minderheitensprachen anzubieten oder
iii. eine der unter den Ziffern i und ii
vorgesehenen Maßnahmen zumindest auf diejenigen Schüler
anzuwenden, deren Familien dies verlangen, wenn die
Zahl der Schüler als genügend groß angesehen wird,
oder
iv. falls die staatlichen Stellen keine
unmittelbare Zuständigkeit im Bereich der
vorschulischen Erziehung haben, die Anwendung der
unter den Ziffern i bis iii vorgesehenen Maßnahmen zu
begünstigen und/oder dazu zu ermutigen;
b.
i. den Grundschulunterricht in den
betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen
anzubieten oder
ii. einen erheblichen Teil des
Grundschulunterrichts in den betreffenden Regional-
oder Minderheitensprachen anzubieten oder
iii. innerhalb des Grundschulunterrichts
den Unterricht der betreffenden Regional- oder
Minderheitensprachen als integrierenden Teil des
Lehrplans vorzusehen oder
im. eine der unter den Ziffern i bis iii
vorgesehenen Maßnahmen zumindest auf diejenigen Schüler
anzuwenden, deren Familien dies verlangen, wenn die
Zahl der Schüler als genügend groß angesehen wird;
c.
i. den Unterricht im Sekundarbereich in
den betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen
anzubieten oder
ii. einen erheblichen Teil des
Unterrichts im Sekundarbereich in den betreffenden
Regional- oder Minderheitensprachen anzubieten oder
iii. innerhalb des Unterrichts im
Sekundarbereich den Unterricht der betreffenden
Regional- oder Minderheitensprachen als integrierenden
Teil des Lehrplans vorzusehen oder
iv. eine der unter den Ziffern i bis iii
vorgesehenen Maßnahmen zumindest auf diejenigen Schüler
anzuwenden, die oder — wo
dies in Betracht kommt — deren
Familien dies wünschen, wenn deren Zahl als genügend
groß angesehen wird;
d.
i. die berufliche Bildung in den
betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen
anzubieten oder
ii. einen erheblichen Teil der
beruflichen Bildung in den betreffenden Regional- oder
Minderheitensprachen anzubieten oder
iii. innerhalb der beruflichen Bildung den Unterricht
der betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen
als integrierenden Teil des Lehrplans vorzusehen oder
iv. eine der unter den Ziffern i bis iii
vorgesehenen Maßnahmen zumindest auf diejenigen Schüler
anzuwenden, die oder — wo
dies in Betracht kommt — deren
Familien dies wünschen, wenn deren Zahl als genügend
groß angesehen wird;
e.
i. an Universitäten und anderen
Hochschulen Unterricht in den Regional- oder
Minderheitensprachen anzubieten oder
ii. Möglichkeiten für das Studium
dieser Sprachen als Studienfächer an Universitäten
und anderen Hochschulen anzubieten oder
iii. falls wegen der Rolle des Staates in
bezug auf Hochschuleinrichtungen die Ziffern i und ii
nicht angewendet werden können, dazu zu ermutigen
und/oder zuzulassen, dass an Universitäten und
anderen Hochschulen Unterricht in den Regional- oder
Minderheitensprachen oder Möglichkeiten zum Studium
dieser Sprachen als Studienfächer angeboten werden;
f.
i. dafür zu sorgen, dass in der
Erwachsenen- und Weiterbildung Kurse angeboten werden,
die überwiegend oder ganz in den Regional- oder
Minderheitensprachen durchgeführt werden, oder
ii. solche Sprachen als Fächer der
Erwachsenen- und Weiterbildung anzubieten oder
iii. falls die staatlichen Stellen keine
unmittelbare Zuständigkeit im Bereich der
Erwachsenenbildung haben, das Angebot solcher Sprachen
als Fächer der Erwachsenen- und Weiterbildung zu begünstigen
und/oder dazu zu ermutigen;
g.
für den Unterricht der Geschichte und Kultur, die in
der Regional- oder Minderheitensprache ihren Ausdruck
finden, zu sorgen;
h.
für die Aus- und Weiterbildung der Lehrer zu sorgen,
die zur Durchführung derjenigen Bestimmungen der
Buchstaben a bis g erforderlich sind, welche die
Vertragspartei angenommen hat;
i.
ein oder mehrere Aufsichtsorgane einzusetzen, welche
die zur Einführung oder zum Ausbau des Unterrichts
der Regional- oder Minderheitensprachen getroffenen Maßnahmen
und die dabei erzielten Fortschritte überwachen und
darüber regelmäßig Berichte verfassen, die veröffentlicht
werden.
2.
Im Bereich der Bildung verpflichten sich die
Vertragsparteien in bezug auf andere Gebiete als
diejenigen, in denen die Regional- oder
Minderheitensprachen herkömmlicherweise gebraucht
werden, Unterricht der Regional- oder
Minderheitensprache oder Unterricht in dieser Sprache
auf allen geeigneten Bildungsstufen zuzulassen, zu
diesem Unterricht zu ermutigen oder ihn anzubieten,
wenn die Zahl der Sprecher einer Regional- oder
Minderheitensprache dies rechtfertigt.
Artikel 9 - Justizbehörden
1.
Die Vertragsparteien verpflichten sich, in bezug auf
diejenigen Gerichtsbezirke, in denen die Zahl der
Einwohner, welche die Regional- oder
Minderheitensprachen gebrauchen, die nachstehenden Maßnahmen
rechtfertigt, unter Berücksichtigung der Situation
jeder dieser Sprachen und unter der Bedingung, dass die Inanspruchnahme der durch diesen Absatz gebotenen
Möglichkeiten nach Auffassung des Richters eine
ordentliche Rechtspflege nicht behindert:
a.
in Strafverfahren:
i. dafür zu sorgen, dass die Gerichte
auf Antrag einer der Parteien das Verfahren in den
Regional- oder Minderheitensprachen durchführen,
und/oder
ii. sicherzustellen, dass der Angeklagte
das Recht hat, seine Regional- oder
Minderheitensprache zu gebrauchen, und/oder
iii. dafür zur sorgen, dass Anträge und
Beweismittel, gleichviel ob schriftlich oder mündlich,
nicht allein aus dem Grund als unzulässig angesehen
werden, weil sie in einer Regional- oder
Minderheitensprache abgefasst sind, und/oder
iv. auf Verlangen Schriftstücke, die mit
Gerichtsverfahren zusammenhängen, in der betreffenden
Regional- oder
Minderheitensprache abzufassen,
wenn nötig durch Inanspruchnahme von Dolmetschern und
Übersetzungen, wodurch den Betroffenen keine zusätzlichen
Kosten entstehen dürfen;
b.
in zivilrechtlichen Verfahren:
i. dafür zu sorgen, dass die Gerichte
auf Antrag einer der Parteien das Verfahren in den
Regional- oder Minderheitensprachen durchführen,
und/oder
ii. zuzulassen, dass eine Prozeßpartei,
wenn sie persönlich vor Gericht erscheinen muss, ihre
Regional- oder Minderheitensprache gebrauchen kann,
ohne dass ihr dadurch zusätzliche Kosten entstehen,
und/oder
iii. zuzulassen, dass Urkunden und
Beweismittel in den Regional- oder
Minderheitensprachen vorgelegt werden, wenn nötig
durch Inanspruchnahme von Dolmetschern und Übersetzungen;
c.
in Verfahren vor Gerichten für Verwaltungssachen:
i. dafür zu sorgen, dass die Gerichte
auf Antrag einer der Parteien das Verfahren in den
Regional- oder Minderheitensprachen durchführen,
und/oder
ii. zuzulassen, dass eine Prozeßpartei,
wenn sie persönlich vor Gericht erscheinen muss, ihre
Regional- oder Minderheitensprache gebrauchen kann,
ohne dass ihr dadurch zusätzliche Kosten entstehen,
und/oder
iii. zuzulassen, dass Urkunden und
Beweismittel in den Regional- oder
Minderheitensprachen vorgelegt werden,
wenn nötig durch Inanspruchnahme von Dolmetschern und
Übersetzungen;
d.
dafür zu sorgen, dass den Betroffenen durch die
Anwendung des Buchstabens b Ziffern i und iii und des
Buchstabens c Ziffern i und iii sowie durch eine
notwendige Inanspruchnahme von Dolmetschern und Übersetzungen
keine zusätzlichen Kosten entstehen.
2.
Die Vertragsparteien verpflichten sich:
a. die Rechtsgültigkeit von im Inland abgefassten Rechtsurkunden nicht allein aus dem Grund zu
verneinen, weil sie in einer Regional- oder
Minderheitensprache abgefasst sind, oder
b.
die Rechtsgültigkeit von im Inland abgefassten Rechtsurkunden im Verhältnis zwischen den Parteien
nicht allein aus dem Grund zu verneinen, weil die
Urkunden in einer Regional- oder Minderheitensprache abgefasst
sind, und vorzusehen, dass sie gegen
beteiligte Dritte, die diese Sprachen nicht
gebrauchen, unter der Bedingung verwendet werden können,
dass ihnen der Inhalt der Urkunden von der (den)
Person(en), welche die Urkunden verwendet (verwenden),
zur Kenntnis gebracht worden ist, oder
c.
die Rechtsgültigkeit von im Inland abgefassten Rechtsurkunden im Verhältnis zwischen den Parteien
nicht allein aus dem Grund zu verneinen, weil die
Urkunden in einer Regional- oder Minderheitensprache abgefasst
sind.
3.
Die Vertragsparteien verpflichten sich, die
wichtigsten Gesetzestexte des Staates sowie
diejenigen, welche sich besonders auf Personen
beziehen, die diese Sprachen gebrauchen, in den
Regional- oder Minderheitensprachen zur Verfügung zu
stellen, sofern sie nicht anderweitig verfügbar sind.
Artikel 10 - Verwaltungsbehörden
und öffentliche Dienstleistungsbetriebe
1. Innerhalb
der Verwaltungsbezirke des Staates, in denen die Zahl
der Einwohner, die Regional- oder Minderheitensprachen
gebrauchen, die nachstehenden Maßnahmen rechtfertigt,
und unter Berücksichtigung der Situation jeder
Sprache verpflichten sich die Vertragsparteien, im
Rahmen des Zumutbaren:
a.
i. sicherzustellen, dass die
Verwaltungsbehörden die Regional- oder
Minderheitensprachen gebrauchen, oder
ii. sicherzustellen, dass diejenigen
ihrer Bediensteten, die unmittelbaren Kontakt zur Bevölkerung
haben, die Regional- oder Minderheitensprachen in
ihrem Umgang mit Personen gebrauchen, die sich in
diesen Sprachen an sie wenden, oder
iii. sicherzustellen, dass Personen, die
Regional- oder Minderheitensprachen gebrauchen, in
diesen Sprachen mündliche oder schriftliche Anträge
stellen und eine Antwort erhalten können, oder
iv.
sicherzustellen, dass Personen, die Regional- oder
Minderheitensprachen gebrauchen, in diesen Sprachen mündliche
oder schriftliche Anträge stellen können, oder
v. sicherzustellen, dass Personen, die
Regional- oder Minderheitensprachen gebrauchen, in
diesen Sprachen abgefasste Urkunden rechtsgültig
vorlegen können;
b.
allgemein verwendete Verwaltungsbestimmungen und
-formulare für die Bevölkerung in den Regional- oder
Minderheitensprachen oder zweisprachig zur Verfügung
zu stellen;
c.
zuzulassen, dass die Verwaltungsbehörden Schriftstücke
in einer Regional- oder Minderheitensprache abfassen.
2.
In Bezug auf die örtlichen und regionalen Behörden,
in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich die Zahl
der Einwohner, welche die Regional- oder Minderheitensprachen
gebrauchen, die nachstehenden Maßnahmen
rechtfertigt, verpflichten sich die Vertragsparteien,
folgendes zuzulassen und/oder dazu zu ermutigen:
a.
den Gebrauch von Regional- oder Minderheitensprachen innerhalb der regionalen oder örtlichen Behörde;
b.
die Möglichkeit, dass Personen, die Regional- oder
Minderheitensprachen gebrauchen, mündliche oder
schriftliche Anträge in diesen Sprachen stellen;
c.
die Veröffentlichung der amtlichen Schriftstücke der
regionalen Behörden durch diese auch in den
betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen;
d.
die Veröffentlichung der amtlichen Schriftstücke der
örtlichen Behörden durch diese auch in den
betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen;
e.
den Gebrauch von Regional- oder Minderheitensprachen durch die regionalen Behörden in deren
Ratsversammlungen, ohne jedoch den Gebrauch der
Amtssprache(n) des Staates auszuschließen;
f.
den Gebrauch von Regional- oder Minderheitensprachen
durch die örtlichen Behörden in deren Ratsversammlungen, ohne jedoch den Gebrauch der
Amtssprache(n) des Staates auszuschließen;
g.
den Gebrauch oder die Annahme der herkömmlichen und
korrekten Formen von Ortsnamen in Regional- oder
Minderheitensprachen, wenn nötig in Verbindung mit
dem Namen in der (den) Amtssprache(n).
3.
In Bezug auf die öffentlichen Dienstleistungen, die
von den Verwaltungsbehörden selbst oder in deren
Auftrag erbracht werden, verpflichten sich die
Vertragsparteien, in dem Gebiet, in dem Regional- oder
Minderheitensprachen gebraucht werden, unter Berücksichtigung
der Situation jeder Sprache und im Rahmen des
Zumutbaren:
a.
sicherzustellen, dass die Regional- oder Minderheitensprachen
bei der Erbringung der
Dienstleistung gebraucht werden, oder
b.
zuzulassen, dass Personen, die Regional- oder
Minderheitensprachen gebrauchen, in diesen Sprachen
einen Antrag stellen und eine Antwort erhalten, oder
c.
zuzulassen, dass Personen, die Regional- oder Minderheitensprachen
gebrauchen, in diesen Sprachen
einen Antrag stellen.
4.
Die Vertragsparteien verpflichten sich, eine oder
mehrere der folgenden Maßnahmen zu treffen, um die
von ihnen angenommenen Bestimmungen der Absätze 1, 2
und 3 in Kraft zu setzen:
a.
übersetzen oder dolmetschen je nach Bedarf;
b.
Einstellung und, soweit erforderlich, Ausbildung der
benötigten Beamten und sonstigen Angehörigen des öffentlichen
Dienstes;
c.
nach Möglichkeit Erfüllung der Wünsche von Angehörigen
des öffentlichen Dienstes, die über Kenntnisse in
einer Regional- oder Minderheitensprache verfügen, in
dem Gebiet eingesetzt zu werden, in dem diese Sprache
gebraucht wird.
5.
Die Vertragsparteien verpflichten sich, den Gebrauch
oder die Annahme von Familiennamen in den Regional-
oder Minderheitensprachen auf Antrag der Betroffenen
zuzulassen.
Artikel 11 - Medien
1.
Die Vertragsparteien verpflichten sich, für die
Sprecher von Regional- oder Minderheitensprachen in
den Gebieten, in denen diese Sprachen gebraucht
werden, unter Berücksichtigung der Situation jeder
Sprache und in dem Ausmaß, in dem die staatlichen
Stellen in diesem Bereich unmittelbar oder mittelbar
Zuständigkeit, Befugnisse oder Einfluss haben, unter
Achtung des Grundsatzes der Unabhängigkeit und
Autonomie der Medien folgende Maßnahmen zu treffen:
a.
soweit Hörfunk und Fernsehen eine öffentliche
Aufgabe erfüllen:
i. die Einrichtung mindestens eines Hörfunksenders
und eines Fernsehkanals in den Regional- oder
Minderheitensprachen sicherzustellen oder
ii. zur Einrichtung mindestens eines Hörfunksenders
und eines Fernsehkanals in den Regional- oder
Minderheitensprachen zu ermutigen und/oder sie zu
erleichtern oder
iii. angemessene Vorkehrungen dafür zu
treffen, dass Rundfunkveranstalter Sendungen in den
Regional- oder Minderheitensprachen anbieten;
b.
i. zur Einrichtung mindestens eines Hörfunksenders
in den Regional- oder Minderheitensprachen zu
ermutigen und/oder sie zu erleichtern oder
ii. zur regelmäßigen Ausstrahlung
von Hörfunksendungen in den Regional- oder
Minderheitensprachen zu ermutigen
und/oder sie zu erleichtern;
c.
i. zur Einrichtung mindestens eines Fernsehkanals in
den Regional- oder Minderheitensprachen zu ermutigen
und/oder sie zu erleichtern oder
ii. zur regelmäßigen Ausstrahlung von Fernsehsendungen
in den Regional- oder
Minderheitensprachen zu ermutigen und/oder sie zu
erleichtern;
d.
zur Produktion und Verbreitung von Audio- und
audiovisuellen Werken in den Regional- oder Minderheitensprachen
zu ermutigen und/oder sie zu
erleichtern;
e.
i. zur Schaffung und/oder Erhaltung
mindestens einer Zeitung in den Regional- oder
Minderheitensprachen zu ermutigen und/oder sie zu
erleichtern oder
ii. zur regelmäßigen Veröffentlichung
von Zeitungsartikeln in den Regional- oder Minderheitensprachen
zu ermutigen und/oder sie zu
erleichtern;
f.
i. die zusätzlichen Kosten derjenigen
Medien zu decken, die Regional- oder
Minderheitensprachen gebrauchen, wenn das Recht eine
finanzielle Hilfe für die Medien allgemein vorsieht,
oder
ii. die bestehenden Maßnahmen
finanzieller Hilfe auf audiovisuelle Produktionen in
Regional- oder
Minderheitensprachen zu erstrecken;
g.
die Ausbildung von Journalisten und anderem Personal für
Medien zu unterstützen, die Regional- oder
Minderheitensprachen gebrauchen.
2. Die Vertragsparteien verpflichten sich, den freien
direkten Empfang von Hörfunk- und Fernsehsendungen
aus Nachbarländern in einer Sprache zu gewährleisten,
die in derselben oder ähnlicher Form wie die
Regional- oder Minderheitensprache gebraucht wird, und
die Weiterverbreitung von Hörfunk- und
Fernsehsendungen aus Nachbarländern in einer solchen
Sprache nicht zu behindern. Sie verpflichten sich
ferner, sicherzustellen, dass die Freiheit der
Meinungsäußerung und die freie Verbreitung von
Informationen in den Printmedien in einer Sprache, die
in derselben oder ähnlicher Form wie die Regional-
oder Minderheitensprache gebraucht wird, keiner
Einschränkung unterworfen werden. Da die Ausübung
der erwähnten Freiheiten Pflichten und Verantwortung
mit sich bringt, kann sie bestimmten, vom Gesetz
vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen
oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie in
einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der
nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit
oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung
der Ordnung und der Verbrechensverhütung,
des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des
Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer
unentbehrlich sind, um die Verbreitung von
vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das
Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu
gewährleisten.
3. Die Vertragsparteien verpflichten sich,
sicherzustellen, dass die Interessen der Sprecher von
Regional- oder Minderheitensprachen innerhalb etwaiger
im Einklang mit dem Gesetz geschaffener Gremien, die für
die Gewährleistung von Freiheit und Pluralismus der
Medien verantwortlich sind, vertreten oder berücksichtigt
werden.
Artikel 12 - Kulturelle
Tätigkeiten und Einrichtungen
1.
In Bezug auf kulturelle Einrichtungen und Tätigkeiten -
insbesondere
Bibliotheken, Videotheken, Kulturzentren, Museen,
Archive, Akademien, Theater und Kinos sowie
literarische Werke und Filmproduktionen, volkstümliche
Formen des kulturellen Ausdrucks, Festspiele und die
Kulturindustrien, einschließlich unter anderem des
Einsatzes neuer Technologien - verpflichten
sich die Vertragsparteien, in dem Gebiet, in dem
solche Sprachen gebraucht werden, in dem Ausmaß, in
dem die staatlichen Stellen in diesem Bereich Zuständigkeit,
Befugnisse oder Einfluss haben:
a.
zu den Regional- oder Minderheitensprachen eigenen
Formen des Ausdrucks und der Initiative zu ermutigen
sowie die verschiedenen Zugangsmöglichkeiten zu den
in diesen Sprachen geschaffenen Werken zu fördern;
b.
die verschiedenen Zugangsmöglichkeiten zu den in
Regional- oder Minderheitensprachen geschaffenen
Werken in anderen Sprachen zu fördern, indem sie Tätigkeiten
auf dem Gebiet der Übersetzung, Synchronisation,
Nachsynchronisation und Untertitelung unterstützen
und ausbauen;
c.
in Regional- oder Minderheitensprachen den Zugang zu
Werken zu fördern, die in anderen Sprachen geschaffen
worden sind, indem sie Tätigkeiten auf dem Gebiet der
Übersetzung, Synchronisation, Nachsynchronisation und
Untertitelung unterstützen und ausbauen;
d.
sicherzustellen, dass die für die Veranstaltung oder Unterstützung
kultureller Tätigkeiten verschiedener
Art verantwortlichen Gremien bei den Unternehmungen,
die sie ins Leben rufen oder unterstützen, in
angemessener Weise dafür sorgen, dass die Kenntnis
und der Gebrauch von Regional- oder Minderheitensprachen
sowie Regional- oder
Minderheitenkulturen berücksichtigt werden;
e.
Maßnahmen zu fördern, um sicherzustellen, dass die für
die Veranstaltung oder Unterstützung kultureller Tätigkeiten
verantwortlichen Gremien über Personal verfügen, das
die betreffende Regional- oder Minderheitensprache
sowie die Sprache(n) der übrigen Bevölkerung
beherrscht;
f.
zur unmittelbaren Mitwirkung von Vertretern der
Sprecher einer bestimmten Regional- oder
Minderheitensprache bei der Bereitstellung von
Einrichtungen und der Planung kultureller Tätigkeiten
zu ermutigen;
g.
zur Schaffung eines oder mehrerer Gremien, die für
die Sammlung, Aufbewahrung und Aufführung oder Veröffentlichung
von in den Regional- oder Minderheitensprachen
geschaffenen Werken verantwortlich sind, zu ermutigen
und/oder sie zu erleichtern;
h.
wenn nötig übersetzungs- und
Terminologieforschungsdienste zu schaffen und/oder zu
fördern und zu finanzieren, insbesondere im Hinblick
auf die Erhaltung und Entwicklung geeigneter
Terminologie in jeder Regional- oder
Minderheitensprache für die Bereiche Verwaltung,
Handel, Wirtschaft, Gesellschaft, Technik oder Recht.
2.
In Bezug auf andere Gebiete als diejenigen, in denen
die Regional- oder Minderheitensprachen herkömmlicherweise
gebraucht werden, verpflichten sich die
Vertragsparteien, wenn die Zahl der Sprecher einer
Regional- oder Minderheitensprache dies rechtfertigt,
geeignete kulturelle Tätigkeiten und Einrichtungen in
Übereinstimmung mit Absatz 1 zuzulassen, dazu zu
ermutigen und/oder sie vorzusehen.
3.
Die Vertragsparteien verpflichten sich, bei der
Verfolgung ihrer Kulturpolitik im Ausland Regional-
oder Minderheitensprachen und die in ihnen zum
Ausdruck kommenden Kulturen angemessen zu berücksichtigen.
Artikel 13 - Wirtschaftliches
und soziales Leben
1.
In Bezug auf wirtschaftliche und soziale Tätigkeiten
verpflichten sich die Vertragsparteien, im ganzen
Land:
a.
aus ihrem Recht jede Bestimmung zu entfernen, die den
Gebrauch von Regional- oder Minderheitensprachen in
Urkunden betreffend das wirtschaftliche oder soziale
Leben, insbesondere Arbeitsverträge, sowie in
technischen Schriftstücken wie Gebrauchsanweisungen für
Erzeugnisse oder Anlagen ungerechtfertigt verbietet
oder einschränkt;
b.
die Aufnahme von Klauseln, die den Gebrauch von
Regional- oder Minderheitensprachen ausschließen oder
einschränken, in innerbetriebliche Vorschriften und
Privaturkunden zumindest zwischen Personen, die
dieselbe Sprache gebrauchen, zu verbieten;
c.
Praktiken entgegenzutreten, die den Gebrauch von
Regional- oder Minderheitensprachen im Zusammenhang
mit wirtschaftlichen oder sozialen Tätigkeiten
behindern sollen;
d.
den Gebrauch von Regional- oder Minderheitensprachen
durch andere als die unter den Buchstaben a bis c
genannten Mittel zu erleichtern und/oder dazu zu
ermutigen.
2.
In Bezug auf wirtschaftliche und soziale Tätigkeiten
verpflichten sich die Vertragsparteien, insoweit die
staatlichen Stellen zu-ständig sind, in dem Gebiet,
in dem die Regional- oder Minderheitensprachen gebraucht werden, im Rahmen des Zumutbaren:
a.
in ihre Finanz- und Bankvorschriften Bestimmungen aufzunehmen, die im Wege von Verfahren, welche mit
den Handelsbräuchen vereinbar sind, den Gebrauch von
Regional- oder
Minderheitensprachen beim Ausstellen von
Zahlungsanweisungen (Schecks, Wechseln usw.) oder
sonstigen Finanzdokumenten ermöglichen, oder, wo dies
in Betracht kommt, die Durchführung solcher
Bestimmungen sicherzustellen;
b.
in den ihrer unmittelbaren Kontrolle unterstehenden Wirtschafts- und
Sozialbereichen (öffentlicher Sektor)
Maßnahmen zur Förderung des Gebrauchs von Regional-
oder Minderheitensprachen zu ergreifen;
c.
sicherzustellen, dass soziale Einrichtungen wie
Krankenhäuser, Altersheime und Heime die Möglichkeit
bieten, Sprecher einer Regional- oder
Minderheitensprache, die aufgrund von Krankheit, Alter
oder aus anderen Gründen der Betreuung bedürfen, in
deren eigener Sprache aufzunehmen und zu behandeln;
d.
durch geeignete Mittel sicherzustellen, dass Sicherheits-vorschriften auch in Regional- oder
Minderheitensprachen zugänglich sind;
e.
dafür zu sorgen, dass Informationen der zuständigen
staatlichen Stellen über die Rechte der Verbraucher
in Regional- oder
Minderheitensprachen erhältlich sind.
Artikel 14 - Grenzüberschreitender
Austausch
Die
Vertragsparteien verpflichten sich:
a.
bestehende zwei- und mehrseitige Übereinkünfte
anzuwenden, die sie mit den Staaten verbinden, in
denen dieselbe Sprache in derselben oder ähnlicher
Form gebraucht wird, oder sich, wenn nötig, um den Abschluss
solcher Übereinkünfte zu bemühen, um
dadurch Kontakte zwischen den Sprechern derselben
Sprache in den betreffenden Staaten in den Bereichen
Kultur, Bildung, Information, berufliche Bildung und
Weiterbildung zu fördern;
b.
zugunsten von Regional- oder Minderheitensprachen die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit, insbesondere
zwischen regionalen oder örtlichen Behörden, zu
erleichtern und zu fördern, in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich
dieselbe Sprache in derselben oder ähnlichen Form
gebraucht wird.
Teil IV - Anwendung
der Charta
Artikel 15 - Regelmäßige
Berichte
1.
Die Vertragsparteien legen dem Generalsekretär des
Europarats in einer vom Ministerkomitee zu
bestimmenden Form in regelmäßigen Abständen einen
Bericht über ihre in Übereinstimmung mit Teil II
dieser Charta verfolgte Politik und über die in
Anwendung der von ihnen angenommenen Bestimmungen des
Teiles III getroffenen Maßnahmen vor. Der erste
Bericht wird innerhalb des Jahres vorgelegt, das auf
das Inkrafttreten der Charta für die betreffende
Vertragspartei folgt, die weiteren Berichte in Abständen
von drei Jahren nach Vorlage des ersten Berichts.
2.
Die Vertragsparteien veröffentlichen ihre Berichte.
Artikel 16 - Prüfung
der Berichte
1.
Die dem Generalsekretär des Europarats nach Artikel
15 vorgelegten Berichte werden von einem nach Artikel
17 eingesetzten Sachverständigenausschuss geprüft.
2.
In einer Vertragspartei rechtmäßig gegründete
Organisationen oder Vereinigungen können den Sachverständigenausschuss
auf Fragen aufmerksam
machen, die sich auf die von der betreffenden
Vertragspartei nach Teil III dieser Charta
eingegangenen Verpflichtungen beziehen. Nach
Konsultation der betroffenen Vertragspartei kann der Sachverständigenausschuss
diese Informationen bei der
Ausarbeitung des in Absatz 3 genannten Berichts berücksichtigen.
Diese Organisationen oder Vereinigungen können außerdem
Erklärungen zu der von einer Vertragspartei in Übereinstimmung
mit Teil II verfolgten Politik vorlegen.
3.
Auf der Grundlage der in Absatz 1 genannten Berichte
und der in Absatz 2 erwähnten Informationen arbeitet
der Sachverständigenausschuss einen Bericht für das
Ministerkomitee aus. Diesem Bericht werden die
Stellungnahmen, um welche die Vertragsparteien ersucht
wurden, beigefügt; er kann vom Ministerkomitee veröffentlicht
werden.
4.
Der in Absatz 3 genannte Bericht enthält insbesondere
die Vorschläge des Sachverständigenausschusses an
das Ministerkomitee für die Ausarbeitung von etwa
erforderlichen Empfehlungen des Ministerkomitees an
eine oder mehrere Vertragsparteien.
5.
Der Generalsekretär des Europarats erstattet der
Parlamentarischen Versammlung alle zwei Jahre ausführlich
Bericht über die Anwendung der Charta.
Artikel 17 - Sachverständigenausschuss
1.
Der Sachverständigenausschuss besteht aus einem
Mitglied je
Vertragspartei, das vom Ministerkomitee aus einer
Liste von durch die betreffende Vertragspartei
vorgeschlagenen Persönlichkeiten von höchster
Integrität und anerkannter Sachkenntnis in den durch
die Charta erfassten Angelegenheiten ausgewählt wird.
2.
Die Mitglieder des Ausschusses werden für die Dauer
von sechs Jahren ernannt; Wiederernennung ist zulässig.
Kann ein Mitglied seine Amtszeit nicht beenden, so
wird es nach dem in Absatz 1 festgelegten Verfahren
ersetzt; das an seine Stelle tretende Mitglied
vollendet die Amtszeit seines Vorgängers.
3.
Der Sachverständigenausschuss gibt sich eine Geschäftordnung.
Sein Sekretariat wird durch den Generalsekretär des
Europarats versehen.
Teil V - Schlussbestimmungen
Artikel 18
Diese
Charta liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats
zur Unterzeichnung auf. Sie bedarf der Ratifikation,
Annahme oder Genehmigung. Die Ratifikations-, Annahme-
oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalseleretär
des
Europarats hinterlegt.
Artikel 19
1. Diese Charta tritt am ersten Tag des Monats in
Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten
nach dem Tag folgt, an dem fünf Mitgliedstaaten des
Europarats nach Artikel 18 ihre Zustimmung ausgedrückt
haben, durch die Charta gebunden zu sein.
2.
Für jeden Mitgliedstaat, der später seine Zustimmung
ausdrückt, durch die Charta gebunden zu sein, tritt
sie am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen
Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der
Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde folgt.
Artikel 20
1. Nach Inkrafttreten dieser Charta kann das
Ministerkomitee des Europarats jeden
Nichtmitgliedstaat des Europarats einladen, der Charta
beizutreten.
2.
Für jeden beitretenden Staat tritt die Charta am
ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen
Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der
Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats
folgt.
Artikel 21
1.
Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der
Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-,
Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einen oder mehrere
Vorbehalte zu Artikel 7 Absätze 2 bis 5 anbringen.
Weitere Vorbehalte sind nicht zulässig.
2.
Jeder Vertragsstaat, der einen Vorbehalt nach Absatz 1
angebracht hat, kann ihn durch eine an den
Generalsekretär des Europarats gerichtete
Notifikation ganz oder teilweise zurücknehmen. Die Rücknahme
wird mit dem Eingang der Notifikation beim
Generalsekretär wirksam.
Artikel 22
1. Jede Vertragspartei kann diese Charta jederzeit
durch eine an den Generalsekretär des Europarats
gerichtete Notifikation kündigen.
2.
Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam,
der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach
Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Artikel
23
Der Generalsekretär des Europarats notifiziert
den Mitgliedstaaten des Rates und jedem Staat, der
dieser Charta beigetreten ist:
a. jede Unterzeichnung;
b.
jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-,
Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde;
c.
jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Charta nach
den Artikeln 19 und 20;
d.
jede nach Artikel 3 Absatz 2 eingegangene Notifikation;
e.
jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im
Zusammenhang mit dieser Charta.
Zu
Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten
Unterzeichneten diese Charta unterschrieben.
Geschehen zu Straßburg am 5. November 1992 in
englischer und französischer Sprache, wobei jeder
Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer
Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt
wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt
allen Mitgliedstaaten des Europarats und allen zum
Beitritt zu dieser Charta eingeladenen Staaten
beglaubigte Abschriften.